Werkzeug oder Lebewesen?
Man könnte sagen, eine Schamanentrommel sei einfach nur ein Werkzeug und hätte damit recht.
In vielen schamanischen Traditionen und auch im heutigen CORE-Schamanismus wird die Trommel benutzt, um in Trance in die Welten der Geister und feinstofflichen Wesen zu reisen. Von Außen mit den Augen betrachtet bringt der monotone Rhythmus des Trommelns den Reisenden in einen meditativen Zustand, in dem er Zugang zu seinem Höheren Selbst oder seinem Unterbewussten erlangen kann.
Doch was eigentlich passiert ist mehr als das, was die Augen wahrnehmen können.
Mit jedem Schlag auf den Bauch der Trommel ruft man den Geist des Tieres, das seine Haut gegeben hat.
So wird aus einem Trommelschlag ein Hufschlag, wenn der dunkle, bassige Ton einer Pferdetrommel ertönt. Oder feine, leichte Rehsprünge, mit der der Hirsch schnell und doch leise durch den Wald springen kann.
Man spürt die Spannung des Holzes, das der Trommel den Rahmen gibt.
Die Stärke der Bretter, die Landschaft, in dem der Baum gestanden hat. Die Widerstandskraft, die so vielen Winden und Gewittern getrotzt hat.
Der Schlegel ruft seine Tiere mit jedem Ton, den er aus der Trommel holt.
Und so kann man eigentlich sagen: ja, es ist ein Werkzeug, und ja, durch seine Beseeltheit ist es ein Lebewesen. Ein lebendiges Tool, das aktiv in der schamanischen Arbeit mitwirkt. Ein Wesen, das seine eigenen Impulse in die Arbeit geben kann, das all die Kraft und Stärke und Klarheit der Wesen zur Verfügung hat, die in ihm wohnen.
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In alten Zeiten, in denen wir noch engeren Kontakt mit der Natur hatten - in den Zeiten, als wir noch mit der Natur durch Träume kommuniziert haben - erschienen dem Schamanen sowohl der Baum als auch das Tier, das seine Haut zu geben bereit war, im Traum. Die Beiden waren nur für diesen einen Schamanen bestimmt, und er machte sich auf die Suche, sie zu finden, zu erlegen und verarbeiten. Dies geschah keinesfalls am Anfang einer Ausbildung, sondern in vielen Traditionen, so auch in meiner, erst, wenn andere, grundsätzliche Dinge erlernt wurden.
Wer bist du?
Eine Trommel hat Persönlichkeit. Jede Trommel hat persönliche Stärken. Die individuelle Schamanentrommel aus alten Zeiten hat diesen einen Schamanen dorthin gebracht, wo er wirken musste, an die geistigen Orte, zu denen er reisen musste.
Unser Leben in der Moderne hat sich stark geändert, und auch der Schamanismus hat sich gewandelt - muss er auch, denn er dient immer den Menschen und der Natur der aktuellen Zeit. Sich eine Trommel erträumen, ausziehen, sein Trommeltier zu töten und seinen Trommelbaum zu fällen - das geht heute nicht mehr so einfach. (Alleine das Rechtliche verlangt u.a. dafür einen Jagdschein, Fällrechte etc. Hinzu kommt handwerkliches Geschick...)
"Outsourcing" ist also auch etwas, mit dem wir modernen Schamanen umgehen lernen: im günstigsten Fall finden wir einen Jäger oder Schlachter unseres Vertrauens, jemanden, der gut gerben kann, einen nachhaltigen Holzhandel - und lassen uns dann leiten, um die richtigen Materialien auszuwählen und am Ende seine Trommel kennen zu lernen.
Wer bist du, mein Freund,
der mich begleitet auf meinen Reisen?
Läufst du auf Hufen oder Pfoten?
Auf lauten oder leisen?
Kanntest du große Not
und warst trotzdem stark?
Sehntest du dich nach Licht,
das sich in der Dunkelheit verbarg?
Warst du majestätisch
oder scheu?
Ein Draufgänger
oder den Deinen treu?
Welches Holz
gibt dir jetzt deine Form?
Lebst du frei
oder nach Norm?
In welche Welten
bringst du mich?
Wer bist du, mein Freund?
Und schützt du mich?
Die Falle des Ehrgeizes
Exotische Materialien und bombastische Namen können der schamanischen Arbeit manchmal mehr schaden als nutzen.
Eine ganz simple Trommel aus ganz alltäglichen Materialien, die klar ist (manche Tiere sind nicht bereit, geschlachtet zu werden. Eine Trommel aus solch einem Fell ist nicht klar und kann noch nicht zur schamanischen Arbeit dienen.) ist besser zur Arbeit und zum Schutz von Schamane und Reisendem, als eine Trommel, die aus "Besonderheiten" besteht.
Wer sich eine Trommel sucht, ist am Besten beraten damit, sich Materialien aus seiner (spirituellen) Heimat zu suchen.
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